Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Geburt
Der größte Reliquienfund in der Geschichte der Christenheit
Im zweiten Italienfeldzug wurde Mailand zerstört. 1162 finden Kaiser Friedrich Barbarossa und sein Cousin Markgraf Otakar III. von Steier in der zerstörten Stadt, versteckt in der Basilika Sant‘Eustorgio, die Gebeine der heiligen drei Könige. Die Reliquien werden nach Köln gebracht, wo ihnen ein goldener Sarkophag und der Kölner Dom bis heute als würdiger Rahmen dienen. Nach dem frühen Tod Otakars stiftet seine Witwe, Markgräfin Kunigunde von Steier, im Jahr 1165 in ihrem landesfürstlichen Allod Oppenberg eine romanische Kirche, zur ewigen Erinnerung an die Ruhmestat der Helden von Mailand. In den Nordwandmalereien lässt Kunigunde einen Zug der Könige abbilden, in dem sich die erste kryptografe Familienaufstellung offenbart: Die heiligen drei Könige tragen die Gesichtszüge von Kunigundes Schwager (Kaiser Friedrich Barbarossa), von Kunigundes verstorbenem Ehemann (Markgraf Otakar III.) und von Kunigundes Sohn (dem 17-jährigen ersten Herzog der Steiermark, Otakar I.). Darüber hinaus befindet sich im oberen Register der Nordwandmalereien die einzige erhaltene Darstellung der Erhebung der Steiermark zum Herzogtum.
Die älteste Wallfahrtskirche im mittleren Ennstal
Als gegen Ende des 14. Jahrhunderts der Wallfahrtsgedanke auch im mittleren Ennstal Einzug hielt, stattete man die Irdninger Filialkirche Oppenberg mit einem eigenen Vikariat aus und entließ sie in die Selbstständigkeit. Die alte Michaelskirche wurde neu als Marienkirche konsekriert und in Ermangelung weiblicher Heiligenfiguren nahm man Übermalungen in der Nordwand vor: Kaiser Friedrich Barbarossa wurde mit Dorothea und der junge Herzog mit dem Engelsboten der Dorotheenlegende übermalt ... Nun war die erste Wallfahrtskirche im mittleren Ennstal bereit und empfing am 8. September 1403 die ersten Fußwallfahrten aus Irdning und Donnersbach in der Kirche „zu unser liab frawen“.
Maximilian I. stiftet seinem Lieblingskirchlein Mariä Geburt in Oppenberg einen Altar
Der spätere Kaiser Maximilian kam schon als Siebenjähriger mit seinem Vater Kaiser Friedrich III. zur Jagd ins landesfürstliche Allod Oppenberg. Er musste im Laufe seiner zahlreichen Besuche das Verschwinden des Zugs der Könige in den Nordwandmalereien unter den gotischen Umbauten miterleben. Im Jahr 1503 beauftragte er daher seinen Freund Erasmus Grasser, Architekt und Bildhauer in München, mit der Errichtung eines Dreikönigaltares, der seiner Kirche das Gründungsmotiv wiedergeben sollte. Da Maximilian damals schon zehn Jahre vergeblich auf die Krönung zum römisch-deutschen Kaiser wartete, bat er seinen Freund, den neuen Altar als Votivaltar zu gestalten und mit einer „Ewigen Anbetung“ auszustatten. In der Anbetungsszene sehen wir im knieenden König ein Kryptoporträt Maximilians, der wohl überzeugt davon war, dass ihm diese Ewige Anbetung in seinem Lieblingskirchlein Mariä Geburt in Oppenberg göttlichen Beistand beim Erlangen der Kaiserkrone bringen würde. Der neue Flügelaltar ersetzte die romanische Mensa und blieb Gnadenaltar bis 1675.
Wallfahrten und Wunder
Nach dem protestantischen Jahrhundert kamen die Wallfahrten wieder richtig in Schwung. Im Jahr 1600 berichtet der neue katholische Vikar, dass die Wallfahrer wieder zahlreich herbeiströmen, um die „Antiquität“ anzubeten, womit er die Marienfigur im Dreikönigschrein meint. Die Irdninger und Donnersbacher Wallfahrten feierten 2023 ihr 620-jähriges Bestehen, seit 1750 gibt‘s auch Wallfahrten zu Mariä Heimsuchung, seit 1983 die Wallfahrten am 13ten. Daneben gibt es immer wieder Wallfahrten aus verschiedenen Pfarren Österreichs, sogar Pilger auf dem Jakobsweg hielten hier schon Einkehr und Gruppen, die die Kirche unter kunsthistorischen Aspekten besuchen.
Musste Maximilian für das Eintreten des erhofften Wunders als Votant noch etwas nachhelfen, so zeugt ein großformatiges Gedächtnisbild aus dem Jahr 1868 vom tatsächlichen Wirken der wundertätigen Muttergottes von Oppenberg: Die an Brustkrebs erkrankte Oppenberger Gastwirtin Elisabeth Wöhrer übersteht die Operation nach misslungener Äthernarkose bei vollem Bewusstsein, durch den Beistand der angerufenen Muttergottes von Oppenberg jedoch völlig schmerzfrei.
Das einstige Tuskulum Markgräfin Kunigundes und Lieblingskirchlein Kaiser Maximilians ist heute ein stiller Kraftort im obersteirischen Gebirge, ein Tuskulum für Wallfahrer und Pilger.
Dieter Vörös
Maria ist die Hörende, die Empfangende, die für Gott ganz Offene.
An der Wende vom Alten zum Neuen Testament steht sie als fragende und glaubende Frau.
Mit dem sorgenden Herzen der Mutter und mit dem hörenden Herzen der Jüngerin
begleitet sie den Sohn Gottes auf seinem Lebensweg.
(aus dem Gotteslob)